Aviator

Howard Hughes (Leonardo DiCaprio) galt als reichster Mann der Welt, hatte Beziehungen mit den begehrtesten Frauen seiner Zeit und produzierte den bis dahin teuersten Film. Er lies das größte Flugzeug aller Zeiten bauen und stellte als Pilot drei Geschwindigkeitsweltrekorde auf.

Dann, noch keine 50 Jahre alt, zieht sich Howard Hughes aus der Öffentlichkeit zurück. Hughes sollte fortan der Ruf des Rätselhaften und Geheimnisvollen anhaften. Auch Martin Scorsese kann das Rätsel Howard Hughes nicht lösen. Er legt es gar nicht darauf an. Stattdessen gibt er uns etwas viel besseres: einen absolut faszinierenden Film über eine ebenso faszinierende Persönlichkeit.

Der Film lässt vergangene Zeiten in großer Formenvielfalt wieder auferstehen. Historische Originalaufnahmen und nachgestellte historische Aufnahmen stehen neben Szenen mit beeindruckenden Special Effects. Dann erinnern die Bilder wieder stark an die Anfänge des Farbfilms.

Das Produktionsdesign hat ebenfalls hervorragend gearbeitet. Das eine oder andere Standbild vom Set könnte man vermutlich nicht von Originalbildern aus Modezeitschriften jener Tage unterscheiden. Der Soundtrack rundet den Gesamteindruck ab.

Mit dieser gelungenen Rekonstruktion einer Ära schafft der Film mehr Authentizität als viele Dokumentarfilme. Dass nicht jedes relevante Detail aus Hughes‘ Biographie in das Drehbuch eingeflossen ist, ändert daran nichts.

Scorsese sieht „seinen“ Howard Hughes als „quintessential American risk-taker“. Dieser moderne amerikanische Pionier erobert nicht nur Neuland. Hughes erschafft sich auch mit seinen eigenen Visionen selbst das Land, das er erobern will. Hughes ersetzt das go west durch ein Höher, Schneller, Weiter.

So wie sein Ingenieur (Matt Ross) jedes Mal über das ganze Gesicht strahlt, wenn ihm sein Boss neue, bisher nicht gedachte technische Herausforderungen vordenkt, können auch wir Zuschauer uns diesem kompromisslosen Geist nicht entziehen.

Dass die Figur des Howard Hughes so einen starken Eindruck hinterlässt, verdanken wir auch Leonardo DiCaprio. Daneben begeistert vor allem Cate Blanchett mit ihrer Darstellung von Katharine Hepburn.

Martin Scorsese hat genau jene Charakterzüge hinter dem Mythos von Geld und Macht gefunden, die jede Menge zeitgemäßes Identifikationspotenzial bieten. So reich und so begehrt wie Howard Hughes werden wir wohl nie sein.

Aber vielleicht erreichen wir ein Stück von dessen offener Geisteshaltung. Im Schablonen Denken und im Glauben an das Spezialistentum verkümmern viele Fähigkeiten. Ob als Filmproduzent oder als Aviator, Hughes begab sich immer auf Neuland und zeigte dabei den Etablierten und Spezialisten, wo die Zukunft hinführt.