Constantine

Wenn John Constantine (Keanu Reeves) nicht gerade seiner Hauptbeschäftigung nachgeht, Dämonen mit exorzistischen Ritualen auszutreiben, dann bekämpft er die Dämonen von Angesicht zu Angesicht. Er fordert den Teufel heraus und dazwischen streitet er auch mit dem Erzengel Gabriel. John Constantine kennt zwar nicht Gott und die Welt, aber zumindest den Teufel und die Unterwelt.

John Constantine steht im Kampf zwischen Himmel und Hölle auf der richtigen Seite. Dennoch haben ihn auch die da oben nicht wirklich lieb. Er hat sich sein Pendlerdasein zwischen Erde und Unterwelt nicht ausgesucht. John besitzt die Gabe, sogenannte Halbblut-Dämonen zu erkennen. Die tarnen sich als Menschen und treiben sich gemeinsam mit Halbblut-Engeln auf der Erde herum.

Bei der Konstruktion der mystischen Welt bedient sich der Film vieler bewährter Versatzstücke aus der Filmgeschichte. Der Exorzist und szenische Zitate aus Herr der Ringe sind nur zwei Beispiele. Sogar den Vornamen eines Dämons hat man sich von der beliebten TV-Serie Charmed ausgeborgt. Für die Drehbuchautoren wäre es eine lösbare Aufgabe gewesen, sich statt des biblischen Balthasars einen Namen auszudenken, der nicht ausgerechnet „Gott schütze sein Leben“ bedeutet. Vielleicht gefiel irgendeinem Mastermind gerade dieser kleine Kontrapunkt.

Die Tradierung erprobter Muster ist gutes altes und erfolgreiches Hollywoodbusiness as usual. Für die Filmanalyse interessanter ist die Frage, warum dieses Erfolgsrezept bei „Constantine“ nicht funktioniert.

Keine Angst! Wer auf Mystery und Fantasy steht, der wird auch von „Constantine“ nicht enttäuscht sein. Da explodieren, verbrennen oder verschrumpeln die Dämonen, dass es eine Freude ist. Die Spannung stimmt und man kann auch herzhaft lachen.

Aber die Entwicklung eines in sich glaubhaften Filmuniversums will nicht recht gelingen. Man sollte meinen, dass die Anhäufung vieler übersinnlicher Elemente dem Aufbau einer durchgängigen Mystery-Welt dienlich ist. Das ist nicht so.

Der Beweis des Gegenteils ist damit nicht erbracht. Eine normale Welt, in der nur wenige Bestandteile übersinnliche Züge aufweisen, ist auch nicht der einzig wahre Weg. Sonst könnte ein durch und durch erfundenes Setting wie in Herr der Ringe nicht so überzeugen.

Auf der Ebene der Charaktere lässt sich der Grund für das Scheitern ebenfalls nicht lokalisieren. Keanu Reeves bringt einen kompetenten, von den Umständen getriebenen Dämonenjäger auf die Leinwand. Hätte ich ein Dämonenproblem, ginge ich nicht zu den Exorzismus-Spezialisten der Katholischen Kirche, sondern zu John Constantine.

In unserer rationalen Gegenwart dürsten die Menschen nach jedem Fünkchen Mystik. Im Kino geben wir die Alltagswelt gerne für ein paar irrationale Minuten auf. Tun wir uns da bei den etablierten Mythen rund um Teufel, Himmel und Hölle doch noch etwas schwerer als bei der Preisgabe unumstößlicher Fakten? Das kann auch nicht stimmen. Denn ein Mythos, auf den der Film „Constantine“ aufbaut, die uralte Geschichte vom Pakt mit dem Teufel, hat sich seit schon seit Jahrhunderten in der Literatur gehalten.

Erst in Summe ergeben die genannten, kritischen Zonen ein Problem beim Lesen des Filmtextes. Im Märchen überlistet der einfache Bauer den übermächtigen Teufel. Auch der Intellektuelle Faust ist Mephisto weit unterlegen. Nur aus dieser ungleichen Ausgangslage heraus bekommt die Niederlage des Menschen oder sein Sieg über den Teufel emotionales Gewicht.

John Constantine bewegt sich in der Hölle zwischen den Dämonen wie unter seinesgleichen. Auch waffentechnisch herrscht Gleichgewicht. Dieser ausgeglichene Kampf geht nicht unter die Haut. Dafür kracht es aber umso schöner.