Der skrupellose Bandit Wally Blount (Michael Madsen) jagt einem geheimnisumwobenen Schatz nach, der sich auf dem Territorium der Indianer befinden soll. Blounts Gegenspieler, der US-Marshall Mike Blueberry (Vincent Cassel) lebte einst lange Zeit bei den Indianern, nachdem er als junger Mann eine Auseinandersetzung mit Blount schwer verwundet überlebt hatte.
Blount tötete damals Blueberrys große Liebe und die Indianer retteten sein Leben. Für ihn bedeutet der Kampf gegen Blount viel mehr als die bloße Pflichterfüllung eines Gesetzeshüters.
Diese Ausgangslage lässt einen klassischen Showdown Mann gegen Mann im Rahmen des Westerngenres erwarten. Doch eines kann man mit absoluter Gewissheit behaupten: Der Film ignoriert so ziemlich alle vorstellbaren Erwartungshaltungen.
Der Westernfan bekommt kein Duell nach herkömmlichem Muster. Wer sich eine Verfilmung des zugrundeliegenden Comics erwartet, wird auch enttäuscht sein, sagen Leute, die die Vorlage kennen.
Wer schon einmal Kindern eine Geschichte erzählt und nach der hundertsten Wiederholung gewagt hat, ein winziges Detail zu ändern, der weiß, welche fatalen Folgen die Zerstörung von Erwartungen des Publikums haben kann.
Neben diesem Extragepäck, das sich die Macher des Films von vornherein aufgeladen haben, hat Blueberry noch ein weiters Handicap zu tragen. Ein zentrales Thema des Films sind mystische Erfahrungen. Noch dazu sind diese extra-rationalen Wahrnehmungen mit Drogen verbunden.
Diese Inhalte erinnern an Carlos Castaneda. Dessen Romane konnten solche Erfahrungen auch in einen Kontext setzen. Dem Medium Film entzieht sich dieser Zusammenhang. Da helfen auch die tollen Computeranimationen nichts. Der Film bleibt stets an der Oberfläche des Filmbaren.
Jede Gesellschaft hat ihre legalen Drogen. Und solange diese Bestandteil des gesellschaftlichen Rituals sind, ist darin auch kein Problem zu sehen. Blueberry versucht, den rituellen Zweck von Drogen am Beispiel der indianischen Kultur darzustellen.
Dieser Versuch war a priori zum Scheitern verurteilt. Doch das Scheitern ist faszinierend vollkommen gelungen. So eine Tiefe an Charakter und Motiven wie bei Wally Blount findet man selten bei einem „Bad Guy“. Die Naturaufnahmen verdienen eigentlich das IMAX-Format und die Fülle der Nebenhandlungen und Details am Rande würden jedem Film zur Ehre gereichen.
Angesichts dieser Pluspunkte verliert das kleine Manko, dass man die zentrale Ambition des Films nicht wirklich versteht, sehr an Bedeutung.
Wer das sehen will, was er ohnehin erwartet, der sollte lieber Zuhause bleiben. Wer dafür offen ist, zwei Stunden lang Dingen zu folgen, die nicht unbedingt zu erwarten, zu verstehen oder auch nur nachvollziehbar sind, der wird mit einem Kinoerlebnis außerhalb jeder Norm belohnt.